Ärzteversorgung in Deutschland: Wo der Wohnort über die medizinische Versorgung entscheidet

Aktualisiert am 10.06.2025

Wie schnell bekomme ich einen Termin beim Hausarzt? Wie viele Fachärzt:innen gibt es in meiner Stadt? Und was passiert, wenn man auf dem Land lebt, aber medizinische Hilfe braucht? Fragen wie diese bestimmen den Alltag vieler Menschen in Deutschland – und werden zunehmend zur Herausforderung. Denn die ärztliche Versorgung ist nicht gleichmäßig verteilt. Wer gut oder schlecht versorgt ist, hängt stark vom Wohnort ab.

Um herauszufinden, wie stark die Unterschiede tatsächlich ausfallen, haben wir die aktuelle Ärztedichte in allen Bundesländern sowie den 20 einwohnerreichsten Städten Deutschlands ausgewertet. Dabei zeigt sich ein deutliches Gefälle: Während manche Regionen vergleichsweise gut aufgestellt sind und eine solide medizinische Grundversorgung ermöglichen, herrscht andernorts ein spürbarer Mangel an Ärzt:innen. Die Analyse macht sichtbar, wo sich Versorgungslücken auftun, wie sich die Lage im Vergleich zum Vorjahr verändert hat und welche Rolle digitale Gesundheitslösungen künftig spielen könnten.

Städtevergleich: Zwischen Spitzenwerten und strukturellen Engpässen

Bonn, München und Münster zählen zu den am besten versorgten Städten Deutschlands. In Bonn liegt die Ärztedichte im Jahr 2024 bei 334,7 Ärzten pro 100.000 Einwohnern, ein Spitzenwert im Vergleich der Großstädte. Ähnlich gut schneidet Münster mit 333,3 Ärzten ab, gefolgt von München mit 303,9. Die hohe Ärztedichte könnte unter anderem mit einer gut ausgebauten medizinischen Infrastruktur, der Präsenz moderner Kliniken sowie der Attraktivität der Städte als Lebens- und Arbeitsort für Ärzten zusammenhängen.

Doch nicht überall sieht es so gut aus. Besonders deutlich zeigen sich Versorgungslücken in Teilen des Ruhrgebiets. Duisburg bildet mit lediglich 159,1 Ärzten pro 100.000 Einwohnern das Schlusslicht im Städteranking. Auch Dortmund (172,1) und Essen (179,8) liegen deutlich unter dem bundesweiten Mittelwert. Eine vergleichsweise niedrige Ärztedichte kann sich im Alltag bemerkbar machen, etwa durch längere Wartezeiten auf Termine, Engpässe bei bestimmten Fachrichtungen oder eine höhere Belastung des vorhandenen medizinischen Personals.

Noch alarmierender ist die Entwicklung über die Zeit. In München etwa ist die Ärztedichte innerhalb eines Jahres um 2,38 Prozent gesunken, ein spürbarer Rückgang in einer ohnehin stark nachgefragten Region. Auch in Leipzig (minus 2,90 Prozent) und Berlin (minus 2,24 Prozent) ging die Zahl der Ärzte im Verhältnis zur Bevölkerung deutlich zurück. Zwar gibt es auch Städte, in denen die Zahlen stabil bleiben oder leicht steigen, etwa Dortmund, Köln oder Bochum, doch insgesamt zeigt sich eine besorgniserregende Tendenz: Immer mehr Städte verlieren ärztliches Personal, während der Versorgungsbedarf gleichzeitig wächst.

Bundesländervergleich: Stadtstaaten vorne, der Osten kämpft

Ein ähnliches Bild zeigt sich im bundesweiten Vergleich der Bundesländer. Zwar weist Nordrhein-Westfalen mit 514,1 Ärzten pro 100.000 Einwohnern den höchsten Wert auf, was allerdings vor allem der schieren Bevölkerungszahl und dem Ballungsraumcharakter geschuldet ist. Stadtstaaten wie Hamburg (304,6) und Berlin (292,5) liegen ebenfalls weit vorn. Ihre urbane Struktur, die Konzentration medizinischer Fakultäten und die hohe Dichte an Kliniken tragen zur überdurchschnittlichen Versorgung bei.

Deutlich schlechter sieht es in vielen ostdeutschen Bundesländern aus. Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt weisen alle eine Ärztedichte von unter 215 auf, Brandenburg liegt mit nur 197,2 Ärzten pro 100.000 Einwohnern sogar deutlich unter dem bundesweiten Schnitt. Für Patienten bedeutet das: weite Wege zur nächsten Arztpraxis, eingeschränkte Facharztauswahl und eine höhere Hürde für regelmäßige medizinische Betreuung.

Besonders dramatisch ist dabei nicht nur der aktuelle Stand, sondern auch der Trend. Während in Berlin die Ärztedichte im Vergleich zum Vorjahr um 2,2  Prozent gesunken ist, verzeichnen die meisten westlichen Bundesländer ebenfalls leichte Rückgänge. Positive Ausreißer sind selten, aber vorhanden: In Sachsen-Anhalt ist die Dichte der Ärzte um 3,1  Prozent gestiegen, auch Thüringen konnte leicht zulegen.

Vergleich der Landeshauptstädte: München, Wiesbaden und Kiel liegen vorn

Im Vergleich der 16 Landeshauptstädte belegt München den ersten Platz, dicht gefolgt von Hessen und Wiesbaden mit 292,8 und 288,6 Ärzten pro 100.000 Einwohnern. Mainz und Potsdam reihen sich auf Platz vier und fünf ein, mit 268 und 267,2 Ärzten pro 100.000 Einwohnern. Auf dem letzten Platz landet Hannover mit einer Dichte von 197,5, damit ist die Ärzteversorgung in der niedersächsischen Landeshauptstadt immer noch besser als in den untersuchten Städten im Ruhrpott. Auf dem vorletzten Platz liegt Erfurt mit 225,1 Ärzten pro 100.000 Einwohnern, knapp hinter Magdeburg (226,9).

Gesundheitliche Chancengleichheit? Wohnort entscheidet über Zugang

Was diese Zahlen deutlich machen: Die Frage nach der ärztlichen Versorgung ist in Deutschland längst keine rein medizinische mehr – sie ist auch eine soziale. Der Wohnort entscheidet zunehmend darüber, wie schnell und wie umfassend Menschen medizinische Hilfe erhalten. In Städten wie Bonn oder München sind die Wege kurz und die Auswahl groß, während Patient:innen in Teilen Brandenburgs oder im Ruhrgebiet mit systematischen Versorgungsengpässen kämpfen.

Dabei wird die Herausforderung künftig noch größer. Der demografische Wandel sorgt für eine alternde Bevölkerung – gerade in strukturschwächeren Regionen. Gleichzeitig zieht es viele junge Ärzt:innen in die Metropolen oder ins Ausland. Diese Dynamiken verschärfen ein ohnehin angespanntes Versorgungssystem und machen langfristige Lösungen dringend erforderlich.

Telemedizin und digitale Angebote als Zukunftsperspektive

In dieser Situation gewinnen digitale Gesundheitsangebote zunehmend an Bedeutung. Telemedizinische Konsultationen, Online-Rezeptlösungen oder digitale Patientenakten können helfen, ärztliche Versorgung ortsunabhängig zugänglich zu machen – vor allem dort, wo die ärztliche Präsenz vor Ort nicht ausreicht. Anbieter wie mycare.de setzen hier an, indem sie pharmazeutische Beratung, rezeptpflichtige Arzneimittel und digitale Services überregional bereitstellen. Gerade für ältere Menschen oder mobilitätseingeschränkte Patient:innen in unterversorgten Gebieten können solche Lösungen eine echte Entlastung bieten.

Dabei ist klar: Digitale Angebote ersetzen den persönlichen Arztbesuch nicht vollständig. Aber sie können Versorgungslücken abmildern, Wartezeiten verkürzen und erste Anlaufstellen schaffen – unabhängig vom Wohnort. In Kombination mit strukturellen Maßnahmen zur Stärkung der ambulanten Versorgung entsteht so eine Chance, dem wachsenden Ärztemangel gezielt entgegenzuwirken.