Warum ist Folsäure in der Schwangerschaft wichtig?

✓ Pharmazeutisch geprüft - Lesezeit: 4 Minuten

Von Lisa Stenschke, Apothekerin bei mycare.de
Aktualisiert: 15.02.2021

Warum ist Folsäure in der Schwangerschaft wichtig?

Folsäure, auch als Vitamin B9, Vitamin B11 oder seltener als Vitamin M bekannt, gehört zu dem sogenannten Vitamin B Komplex. Der menschliche Körper kann Folsäure nicht selbst bilden und muss den Tagesbedarf über die Nahrung aufnehmen. Grundsätzlich muss dabei zwischen den in der Natur vorkommenden Folaten und der synthetisch hergestellten Folsäure unterschieden werden. Im Sprach­ge­brauch sind meist beide Formen allge­mei­n unter dem Begriff Folsäure zusammengefasst. Folate aus der Nahrung haben mit etwa 50% eine geringere Bioverfügbarkeit als die synthetische Folsäure, die zu 90% vom Körper aufgenommen und verarbeitet wird. Der Körper wandelt diese in die aktive Form Tetrahydrofolat um, welche an Prozessen, wie Zellteilung und Zellwachstum maßgeblich beteiligt ist. Die blutbildenden Zellen befinden sich im Knochenmark und müssen sich häufig teilen. Daher spielt die Folsäure ebenso eine wichtige Rolle für die Bildung der roten und weißen Blutkörperchen.

Nahrungsquellen

Optimal enthalten unsere ausgewählten Lebensmittel bereits Folate. Besonders reich daran sind grünes Blattgemüse, wie Blattspinat, verschiedene Kohlarten, aber auch Kartoffeln, Paprika und Tomaten.

Weitere Lebensmittel sind:

  • Vollkorn- und Milchprodukte
  • Hülsenfrüchte, Sprossen und Nüsse
  • Obst, z.B. Orangen
  • Eigelb und Innereien, wie Leber

Jedoch sollten Schwangere, vor allem im ersten Schwangerschaftsdrittel, keine Leber verzehren, da sie einen höheren Anteil Vitamin A als empfohlen aufweisen kann und Schädigungen für das ungeborene Kind in der Folge möglich sind. Aufgrund der Wasserlöslichkeit und Hitzeempfindlichkeit wird beim Kochen ein großer Anteil Folat zerstört, daher ist eine schonende Zubereitung, wie Dünsten oder Dämpfen empfehlenswert. Dennoch ist es trotz gesunder und ausgewogener Ernährung nicht immer möglich, den täglichen Bedarf zu decken. Der Tagesbedarf für Erwachsene liegt laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) bei 300 Mikrogramm.

Störung der Aufnahme in den Organismus

Manche Menschen können trotz einer ausreichenden folatreichen Ernährung einen niedrigen Folatblutspiegel aufweisen. Eine mögliche Ursache dafür ist das Fehlen eines Enzyms, welches für die Umwandlung von Folsäure in die reduzierte Folat-Form zuständig ist. Diese Form wird über die Blutbahn in die Zielzellen transportiert. Weitere Ursachen können sein, dass Folat unzureichend vom Darm in den Blutkreislauf gelangt. Dies kann beispielsweise bei Zöliakie (Glutenunverträglichkeit) der Fall sein oder durch die regelmäßige Einnahme bestimmter vom Arzt verordneter Arzneimittel. Dazu zählen die Pille als Verhütungsmittel oder der Epilepsie-Wirkstoff Phenytoin. Auch Alkohol kann unseren Folatspiegel negativ beeinflussen.

Weitere Arzneistoffe, die die Folatfunktion hemmen und berücksichtigt werden sollten, sind:

  • Methotrexat
  • Trimethoprim
  • Triamteren
  • Pentamidin

Die Wahl der Dosierung und des Folsäure-Präparates sollte bei Frauen mit chronischen Erkrankungen und Arzneimitteln, die sie dauerhaft einnehmen, grundsätzlich nach Rücksprache mit dem behandelnden Arzt erfolgen. Heutzutage steht aufgrund sorgfältiger Aufklärung und Planung auch dem Kinderwunsch von Frauen mit zum Beispiel Epilepsie oder rheumatoider Arthritis wenig entgegen.

Herz-Kreislauf-Erkrankungen und die Behandlung derer ist auch zunehmend mit einem niedrigen Folatspiegel verbunden. Ein Mangel des B-Vitamins kann sich verschieden, aber auch unspezifisch äußern. Mögliche Symptome können Müdigkeit, Blässe oder Blutarmut sein.

Ist zu viel Vitamin B9 schädlich?

Eine Überdosierung mit natürlichem Folat hat bei bisherigen Studien keine schädlichen Wirkungen gezeigt. Die Überversorgung mit der synthetischen Folsäure kann aber dazu führen, dass die Symptome eines möglichen Mangels an Vitamin B12 nicht erkannt werden. Daher ist es ratsam sich nach den angegebenen Werten des Tagesbedarfs zu richten, jedoch sollten Erwachsene die Aufnahme von 1000 Mikrogramm (entspricht 1 Milligramm) nicht überschreiten.

Folsäure in der Schwangerschaft

Schwangeren Frauen wird in der Regel von ihrem Frauenarzt eine zusätzliche Gabe von Folsäure empfohlen. Doch auch bereits wenn der Kinderwunsch besteht, sollte 4 Wochen vor der geplanten möglichen Empfängnis mit einer Nahrungsergänzung von 400 Mikrogramm Folsäure täglich begonnen werden, am besten nach Absetzen der oralen Kontrazeptiva. Da etwa die Hälfte der Schwangerschaften ungeplant ist, gestaltet sich die vorzeitige Einnahme oft als schwierig umzusetzen. Die Einnahme sollte insbesondere im ersten Drittel oder gegebenenfalls, nach Rücksprache mit dem Arzt, während der gesamten Schwangerschaft fortgesetzt werden. Nicht nur deshalb sollten Schwangere besonders auf eine gesunde, abwechslungsreiche Ernährung achten. Ein Teil des erhöhten Bedarfs von etwa 150 Mikrogramm kann in der Regel gezielt über die Nahrung gedeckt werden, zusätzlich wird eine zusätzliche Gabe mit speziellen Präparaten zur Nahrungsergänzung zur Absicherung des erhöhten Bedarfes im Allgemeinen angeraten. Frauen haben während der Schwangerschaft einen erhöhten Tagesbedarf von 550 µg Folsäure.

Folgen eines Folsäure-Mangels

Folsäure ist für die Zellteilung und Wachstumsprozesse von besonderer Bedeutung und spielt daher in der Entwicklung des Ungeborenen eine entscheidende Rolle. Ein Mangel hätte dementsprechend negative Folgen für Mutter und Kind.

Besteht eine Unterversorgung, kann die werdende Mutter eine Anämie, also eine Blutarmut ausbilden, da Folsäure ebenso essentiell für die Blutbildung ist.

Bei einem Mangel kann für den Embryo ein erhöhtes Risiko für Neuralrohrdefekte bestehen. Das Neuralrohr ist die Vorstufe des Rückenmarks und des Gehirns, das sich etwa ab dem 17. Tag nach der Befruchtung bildet und zum Ende des der 4. Schwangerschaftswoche verschließt (zwischen dem 22. und 28. Tag). Oftmals wissen Frauen zu dem Zeitpunkt noch gar nicht, dass sie schwanger sind, aber für diese Phase ist ausreichend Folat notwendig. Besteht ein Mangel während dieser Phase, kann der Verschluss des Neuralrohrs gestört sein. Das kann Fehlbildungen zur Folge haben. Diese können für den Embryo, je nachdem wie schwer sie sind, lebensgefährlich sein. Am häufigsten treten die Neuralrohrdefekte offener Rücken (Spina bifida) und Anenzephalie auf.

Spina bifida:
Aus dem Neuralrohr entwickeln sich das Rückenmark und die Wirbelsäule. Ein Folsäuremangel in der Frühschwangerschaft kann dazu führen, dass sich das Neuralrohr nicht komplett schließt und es entsteht der sogenannte offene Rücken. Dieser entsteht meist am unteren Rücken. Die Häufigkeit für diese Fehlbildung liegt bei etwa 1 von 2000 Neugeborenen. Je nach Schweregrad sind die Ausprägungen unterschiedlich. Bei der leichtesten Form bildet sich ein Kanal zwischen der Hautoberfläche und dem Rückenmarkskanal, welche durch einen neurochirurgischen Eingriff geschlossen werden kann. Bei der Form des verborgenen Spaltwirbels sind Spaltwirbel zwar offen, aber Hirnhäute und Rückenmark sind nicht betroffen. Selten treten hierbei Probleme auf. Am häufigsten tritt der offene Spaltwirbel auf. Dabei sind meistens Rückenmark und Hirnhäute betroffen. Sie sind im Wirbelkanal sackartig nach außen gewölbt und nur von einer dünnen Haut bedeckt. Eine häufige Folge ist eine Querschnittslähmung.

Anenzephalie:
Hierbei handelt es sich um ein teilweises oder vollständiges Fehlen des Großhirns und des knöchernen Schädeldachs. Die Überlebensrate bei Neugeborenen mit dieser Fehlbildung ist sehr gering. Meist sterben die Babys wenige Stunden oder in manchen Fällen wenige Tage nach der Geburt.

Derzeit wird noch wissenschaftlich geforscht, ob und inwieweit ein Folsäuremangel für Harnwegsstörungen, Herzfehler oder auch Lippen-Kiefer-Gaumenspalte verantwortlich ist.

Es lässt sich aber sagen, dass eine gesunde und ausgewogene Ernährung und eine Nahrungsergänzung mit Folsäure bereits ab dem Kinderwunsch das Risiko für Fehlbildung erheblich senken kann. Nach heutigem Kenntnisstand ist eine frühzeitige und längerfristige Einnahme von Folsäure in moderater Dosierung als unproblematisch zu bewerten und wird sogar empfohlen. Denn auch wenn Familienplanung oder Schwangerschaft gerade kein Thema sein sollte, braucht unser Körper ausreichend Folsäure.

Allgemeiner Hinweis: In unseren Ratgebern verwenden wir für die bessere Lesbarkeit überwiegend das generische Maskulinum. Gemeint sind damit aber auch Angehörige des weiblichen Geschlechts und anderer Geschlechtsidentitäten.

Autorin Apothekerin Lisa Stenschke

Über unsere Autorin:

Lisa Stenschke | Apothekerin in der Robert-Koch-Apotheke
Seit 6 Jahren bin ich Apothekerin und von Anfang an mit Herzblut hauptsächlich in den Vor-Ort-Apotheken von myCare e.K. im Einsatz. Eine kompetente, umfassende und vertrauensvolle Beratung der Patienten ist mir sehr wichtig. Auch bei Instagram und Facebook freue ich mich bei "Frag Lisa" auf das Interesse an unseren Produkten. Mehr über L. Stenschke

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